Wenn ich "Wir" sage.

15.07.2024

(LiVa, 15.07.2024, Kolumne «Fundsachen») Frau Ilea Batliner, Kolumnistin beim Vaterland, kann dem «Wir-Gefühl», das bei vielen Menschen während der Fussball-Europameisterschaft entsteht, nichts anfangen. Die vielen Fans der jeweiligen Nationalmannschaften sind vielmehr nicht in der Lage zu bemerken, dass sie mit ihrer Leidenschaft lediglich die Werbe-Industrie befeuern. 

(dwb) Und tatsächlich moniere auch ich die finanziellen Auswüchse rund um solche Sport-Grossereignisse. Dennoch unterscheide ich mich in einem Punkt deutlich von den Ansichten von Frau Batliner. Das «Wir-Gefühl», auch dasjenige während grosser Sportveranstaltungen, das ist etwas ganz Zentrales. Gemeinsame emotionale Gruppenerlebnisse sind in einer funktionierenden Gesellschaft des Menschen völlig unerlässlich. Es gibt Zusammenhalt und erinnert uns wohltuend daran, dass wir nicht alleine sind. Es gibt viele andere in unserem persönlichen und weiteren Umfeld, denen es – nicht nur während der Europameisterschaft – genau gleich geht, wie uns. Das wird vor allem dann wichtig, wenn es uns nicht gut geht. Wenn es um uns herum kälter wird, und es nicht so läuft, wie wir uns das vorstellen.

Ein ganz besonderer Fall dieser emotionalen Gruppenerfahrung ist die Trauer um den Verlust eines geliebten Menschen. Das wissen, dass der persönliche Verlust auch bei vielen anderen Schmerz auslöst, ist für die allermeisten Menschen tröstlich. Das Gefühl, eben nicht alleine zu sein, sondern das erfahrene Leid in einer gewissen Weise mit anderen teilen zu dürfen.

Auch das sind letztlich dieselben gemeinsam empfundenen Augenblicke, wie sie auch während einer Fussball-Europameisterschaft entstehen. 

Und es ist gut, dass es so ist.


(Bildquelle: Pixabay, n.Reg.lizenzfrei)