"In dieser Situation warf der IWF den Rettungsring."

(LiVa, 10.09.2024) Das Liechtensteiner Vaterland beteiligt sich einmal mehr an den Pro-Regierungs-Parolen für die Abstimmung über den Internationalen Währungsfonds IWF. Dabei bin ich erstaunt, wie sich unsere Finanz-Fachleute und Wirtschaftsprüfer mit einem Land, das derart haarsträubend unsolide gewirtschaftet hat, über einen Kamm scheren lassen. Mir würde das an die persönliche (Berufs-) Ehre gehen. Der Werteverfall im Land scheint unverändert weiterzugehen. Und so druckt das Vaterland ein Interview mit Frau Guna Japiņa, lettische Botschafterin in Liechtenstein, ab.
"Ein europäischer Staat, der bereits einige Erfahrungen mit dem Währungsfonds gesammelt hat,
ist Lettland. Im Zuge der Weltfinanzkrise geriet die baltische Republik in Schwierigkeiten. Ende 2008 musste Lettland ein internationales Kreditpaket von insgesamt 7,5 Milliarden Euro in Anspruch nehmen, um den
Staatsbankrott abzuwenden. Davon stammten 1,7 Milliarden Euro vom Währungsfonds."
(dwb) Nun, ganz so einfach, wie es hier dargestellt war, hat sich die Situation dann doch nicht präsentiert. Lettland war im Jahre 2004 von der EU als Mitgliedstaat aufgenommen worden, wohlweislich, dass das Wirtschaftssystem Lettlands das niemals hergegeben hätte. Den grössten Teil des Kredits, der Lettland über Wasser gehalten hat, stammte nicht vom IWF, sondern von der EU (rund 80 %). Die EU garantierte auch gegenüber dem IWF für die Bonität Lettlands (bzw der EU selber). Am Rande erwähnt werden muss, dass Lettland nicht "im Zuge der Weltwirtschaftskrise" in Bedrängnis geraten ist, sondern mit demselben Kreditmodell, wie es Griechenland zum Verhängnis geworden ist: Eine grosse Sause - und alles auf Pump. Bis es ums Zurückzahlen ging. Da fings dann an, zu hapern. Bei beiden.
Ich möchte euch nicht vorenthalten, wie es nach dem "Kredit" des IWF in Lettland weiterging (Studie zur wirtschaftlichen und sozialen Situation in den baltischen Staaten LETTLAND, Wirtschafts- und Sozialausschuss der EU, 2012):
"Die Konsolidierung des Staatshaushalts 2009 vollzog sich in zwei Stufen, da sich während dieses Jahres die Lage weiter verschlechterte; hinzu kam Anfang 2009 ein Regierungswechsel, denn die bisherige Regierung hatte das Vertrauen der Bürger verloren und war außerstande, die notwendigen Reformen durchzuführen. 2009 wurde durch Kürzung der Ausgaben in fast allen Bereichen sowie Steuererhöhungen eine Konsolidierung des Haushalts in Höhe von insgesamt 11% des BIP durchgeführt. In der Praxis bedeutete dies einen drastischen Rückgang der Beschäftigtenzahlen und der Gehälter im öffentlichen Sektor sowie eine Anhebung der Verbrauchs- und Mehrwertsteuern. Im Zuge einer Reform des Gesundheits- und des Bildungswesens wurde die Zahl der Krankenhäuser, Schulen, Ärzte und Lehrer reduziert. Die Regierung beabsichtigte auch eine Kürzung der Renten, wurde aber durch einen Beschluss des Verfassungsgerichts gezwungen, alle ausstehenden Renten auszuzahlen."
Dieses Szenario ist keines, das jemals eintreten darf. Das ist Aufgabe von uns allen. Nicht Aufgabe des IWF.
Die drei baltischen Staaten Lettland, Estland und Litauen waren damals noch "Hätschelkinder" der EU, das sind wir mit Sicherheit nicht. Wir sind ein Steuerschlupfloch, das gestopft werden muss.
Wir werden kein Wohlwollen erfahren, sondern die ganze Härte des EU-Systems - und damit auch des Währungsfonds.
Nein. Darauf können wir nicht bauen. Wir müssen wohl - wie es unsere Vorfahren schon tun mussten - uns weiterhin auf unsere eigenen Kräfte verlassen.
Auch - wenns schwer ist. Und unbequem.
(Bildquelle: Pixabay, n.Reg.lizenzfrei)